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Kommunikation: Missachtete Schlüsselkompetenz für Führungskräfte

  • Autorenbild: Barbara Burkner
    Barbara Burkner
  • 19. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

„Oh no - Schon wieder ein Kommunikationstraining…“ – diesen Gedanken sehe ich Führungskräften immer wieder an, wenn sie in meine Seminare kommen. Manche sitzen mit verschränkten Armen im Stuhl, andere freuen sich eher auf die Kaffeepause als auf neue Impulse. Viele waren bereits in unzähligen Seminaren, die sich mit Kommunikation befasst haben. Die Erwartungshaltung ist entsprechend niedrig.


Doch dann passiert oft etwas Spannendes: Wenn wir in die Grundlagen eintauchen – das Vier-Seiten-Modell von Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun, den Redeanteil im Gespräch oder die berühmte 7-38-55-Regel von Albert Mehrabian – wird deutlich, dass das vermeintliche Wissen gar nicht so tief sitzt. Theorie ist bekannt, Umsetzung dagegen selten vorhanden. Genau hier liegt die eigentliche Herausforderung: Kommunikation zu leben und anzuwenden – besonders als Führungskraft in hybriden Teams.


Nonverbale Kommunikation


Der „Affe auf der Schulter“ – Kommunikationsprobleme


Ein starkes Bild aus meinen Workshops ist der „Affe auf der Schulter“: Jede ungelöste Aufgabe, jedes ungeklärte Thema sitzt so lange und immer wieder sinnbildlich auf unserer Schulter, bis wir es bewusst angehen. Wer Kommunikationsoptimierung immer wieder aufschiebt, bekommt den Affen auch immer wieder auf die Schulter gesetzt – bis er einen schließlich komplett blockiert und die Beziehung zu Kollegen und Team darunter leidet.


Kommunikation bedeutet Verantwortung. Verantwortung für Klarheit, für Beziehungsgestaltung, für Konfliktlösung. Sich in Seminare zu setzen, ohne die Inhalte umzusetzen, ist wie einen Schlüssel in der Hand zu halten und die Tür, durch die man gehen will, nicht aufzuschließen.



Kommunikation ist kein „Nice-to-have“, sondern ein zentrales Softskill in der Führung


Hybride Arbeitsmodelle stellen Führungskräfte heute vor neue Aufgaben. Unterschiedliche Arbeitsorte, digitale Tools, KI-Kollegen und -Mitarbeitende und die Mischung aus physischer und virtueller Präsenz erfordern eine bewusste, klare und konsistente Kommunikation.


Dabei reicht es nicht, Kommunikations-Tools zu kennen – sie müssen aktiv angewendet werden. Ob es die regelmäßige Abstimmung im Team-Call, Feedbackgespräche oder der gezielte Einsatz von Kollaborationstools ist: Kommunikation ist der Schlüssel für Vertrauen, Orientierung und Motivation.

 


Kommunikationsmodelle als Praxishelfer


Die 7-38-55-Regel bewusst nutzen


Studien zeigen: Worte allein machen nur einen kleinen Teil (7 Prozent) unserer Kommunikation aus. Stimme/Tonfall (38 Prozent) und vor allem Körpersprache (55 Prozent) prägen entscheidend, wie Botschaften ankommen.

 

Wirkung einer Aussage 7% Worte, 38 % Stimme, 55% nonverbale Kommunikation

In Videokonferenzen, E-Mails oder Chats müssen wir uns dessen besonders bewusst sein – und die fehlenden Anteile aktiv ausgleichen.


In virtuellen Meetings gilt das im Speziellen:

  • Der Tonfall entscheidet, ob Feedback/Kritik konstruktiv oder vernichtend wirkt.

  • Ein ausgeschaltetes Video nimmt wichtige 55 % der Kommunikation weg.

 

Praxis-Tipps

  • Auf nonverbale Signale, wie Mimik und Gestik achten, damit sie nicht dem Gesagten widersprechen, sondern es unterstreichen.

  • Bewusst den Tonfall variieren, um bestimmte Punkte herauszustellen.

  • Wichtige Botschaften schriftlich nachfassen, um Missverständnisse auszuschließen.

  • Kamera in Online-Meetings einschalten, wann immer es sinnvoll ist.

  • In der Kommunikation mit KI: So präzise, klar und detailliert, wie möglich formulieren. Ziele und Beispiele des gewünschten Ergebnisses nennen.



Das Vier-Seiten-Modell – und warum Empfänger nie neutral hören


Schulz von Thun beschreibt, dass jede Nachricht, die wir senden, vier Botschaften enthalten kann:


  1. Sachinhalt – Was will ich informieren?

  2. Selbstoffenbarung – Was gebe ich über mich preis?

  3. Beziehung – Was halte ich von dir?

  4. Appell – Wozu möchte ich dich veranlassen?


Kommunikation Vier-Seiten-Modell nach Schulz-von-Thun


Das Spannende: Die Empfänger einer Nachricht hören ebenfalls mit vier Ohren – und legen den Schwerpunkt womöglich ganz anders als von dir beabsichtigt.


👉 Beispiel: Eine Führungskraft sagt in einer Team-Besprechung:„Der Bericht ist noch nicht fertig.“


Je nach Tonfall, Körpersprache und Empfänger-Interpretation, wird diese Botschaft unterschiedlich wahrgenommen.

  • Sach-Ohr: „Der Bericht ist nicht abgeschlossen.“

  • Selbstoffenbarungs-Ohr: „Ich bin unzufrieden oder gestresst deswegen.“

  • Beziehungs-Ohr: „Du hast deine Arbeit nicht gut gemacht.“

  • Appell-Ohr: „Bitte beeil dich und liefere schneller.“

 

Praxis-Tipp

  • Sende klarer: Formuliere explizit, welche Seite deiner Botschaft gerade im Vordergrund steht („Ich möchte nur informieren“ oder „Kannst du mir bitte den Bericht bis morgen schicken“).

  • Prüfe Wirkung: Frage aktiv nach, wie deine Botschaft angekommen ist („Was hast du verstanden?“ oder „Wie hast du das verstanden?“).


Führungskräfte müssen sich bewusst machen: Sie senden nicht nur eine Botschaft – sie übergeben Interpretationsspielräume. Besonders in hybriden Teams, wo Körpersprache und Tonfall reduziert oder gar nicht wahrgenommen werden, steigt das Risiko für Missverständnisse.

Dieses Modell zu verinnerlichen hilft, Botschaften klarer zu strukturieren und bewusster zu senden.



Selbstverantwortung statt Opferrolle


Viele Führungskräfte verharren in der Opferhaltung: „Die da oben, der Konzern, die Umstände… Das wird sich nie ändern…“ Doch erfolgreiche Führung erfordert Selbstverantwortung.


  • Welche Werte leiten mich?

  • Welchen Führungsstil will ich bewusst leben?

  • Wie klar bin ich mir über meine Ziele und meine Rolle?

  • Mit wem bin ich wie in meiner Kommunikation verbunden?

  • Was sind stärkende, was sind schwächende Beziehungen und Kommunikationstechniken?


Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, kann Kommunikation authentisch und wirksam gestaltet werden.


Praxis-Tipps

  • Schreibe deine drei wichtigsten Kommunikationsprinzipien auf (z. B. „Klarheit, Respekt, Feedback einholen“) und überprüfe regelmäßig, ob du danach handelst.

  • Werde dir über deine Sozio-Epigenetik bewusst: Das Verständnis deines sozialen Umfeldes (beruflich wie auch privat) gibt dir Aufschluss über die Qualität deiner Beziehungen und wie stark diese dich (auch in deiner Kommunikation) beeinflusst.



Kommunikation neu denken – für Mensch und KI


Schlüssel zu gelungener Kommunikation

Hybride Teams und die Zusammenarbeit mit KI-Systemen machen Kommunikation noch komplexer. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte ihren eigenen „roten Kommunikationsfaden“ entwickeln und konsequent verfolgen:


  • Ziele definieren – Was will ich erreichen?

  • Zwischenschritte planen – Welche kleinen Schritte bringen uns dem Ziel näher?

  • Reflektieren – Welche Kommunikationsmuster helfen bei welchen Mitarbeitern und Umgebungen, welche hindern?

  • Üben und anwenden – Kommunikation ist ein Muskel, der bewusst und gezielt trainiert werden muss.


So entsteht eine Kultur, in der Zusammenarbeit nicht zufällig funktioniert, sondern bewusst gestaltet wird – menschlich wie digital.


Fazit


Kommunikation ist kein einmaliges Seminar, sondern ein lebenslanger Prozess. Wer als Führungskraft in hybriden Teams bestehen will, muss bereit sein, Grundlagen immer wieder zu trainieren, Modelle praktisch anzuwenden und sich selbst kritisch zu reflektieren.


Der Schlüssel liegt in deiner Hand. Die Frage ist: Nutzt du ihn – oder trägst du weiter den Affen auf deiner Schulter?


Wenn du dich konkreter mit dem spannenden Feld der Sozio-Epigenetik auseinandersetzen willst, lies gerne meinen Blog-Beitrag dazu.

 

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